An einem sonnigen 18. Januar im Jahre 2011 wurde der Medizinerausweis, der Monika Kienaß zur Ausübung der Zahnheilkunde auf den Kapverden berechtigt, im Gesundheitsministerium in der Hauptstadt Praia gegen eine Gebühr von 1500 kapverdischen Escudos an mich ausgehändigt. Auf das dieser ebenso komplexe wie bemerkenswerte und überaus erfolgreiche bürokratische Vorgang, der diesem Ereignis vorausging und im August 2009 seinen Anfang nahm, nicht verlorengehe, sei er hier noch einmal in groben Zügen notiert.
Voraussetzung für die Erteilung einer Genehmigung zur Ausübung der Zahnheilkunde durch Ausländer auf den Kapverden ist eine Dokumentation der schulischen und universitären Ausbildung, sowie des bisherigen beruflichen Werdegangs des Antragstellers. Dazu sind jedoch nicht, wie man zunächst vermuten könnte, die entsprechenden Schulzeugnisse und Abschlussbescheinigungen, wie etwa die Approbation, ausreichend, da diese Dokumente noch keinen hinlänglichen Aufschluss darüber geben, welches Wissen und welche Fähigkeiten der Bewerber im einzelnen erworben hat. Vielmehr muss im Detail nachgewiesen werden, wieviele Unterrichts-, Seminar- und Übungsstunden der Antragsteller in jedem einzelnen der unterrichteten Fächer besucht hat. Und zwar lückenlos von der 1. Klasse Grundschule bis zum Studienabschluss. Also auch beispielsweise die 34 Stunden Heimatkunde aus der 3. Grundschulklasse.
An dieser Stelle sei allen Schulleitern und Hochschullehrern noch einmal herzlich gedankt, die entsprechende Bescheinigungen ausgestellt haben, auch wenn die darin enthaltenen Zahlen meist nur Näherungswerte darstellen konnten, da entsprechend detailierte Dokumentationen im deutschen Bildungswesen nicht vorgenommen, bzw. nicht über Jahrzehnte aufbewahrt werden.
Nachdem diese Fleissarbeit erledigt war, wurde die 4-stufige deutsch-kapverdische Verwaltungsrakete, deren Flug auch höchsten internationalen Anforderungen genügt, gestartet:
Stufe 1: alle Dokumente wurden von einem beim Landgericht akreditierten und vereidigten Übersetzer ins Portugiesische übertragen und beglaubigt.
Stufe 2: diese nunmehr portugiesischsprachigen Dokumente wurden am Landgericht Schleswig überbeglaubigt.
Stufe 3: die Dokumente wurden zur Apostilierung beim Justizministerium in Kiel eingereicht.
Stufe 4: ausgestattet mit diesen Apostillen fuhr Monika nach Berlin, um alle Dokumente bei der kapverdischen Botschaft zur Legalisierung vorzulegen.
Nach Abschluss der Stufe 4 waren die nunmehr übersetzten, beglaubigten, überbeglaubigten, apostilierten und legalisierten Dokumente übersäht mit Stempeln, geheftet, genietet und mit bunten versiegelten Bändern versehen – kurzum in einem Zustand, der sie für die kapverdischen Behörden verwendbar erscheinen ließ.
Nun konnte die nicht minder imposante 3-stufige kapverdische Verwaltungsrakete ins Blaue abheben, ein Vorgang, der dadurch erleichtert wurde, dass ich mit dem Bruder des Staatspräsidenten einen Kaffee getrunken habe und fortan meine Bekanntschaft mit ihm auf den Behörden erwähnen durfte.
Stufe 1: die Dokumente betreffend die Schulausbildung wurden bei der kapverdischen Generaldirektion für das Schulwesen eingereicht mit der Bitte, die Nationale Gleichstellungskommission darüber entscheiden zu lassen, ob Monikas Schulausbildung den kapverdischen Ansprüchen genügt. Dies wurde positiv beschieden.
Stufe 2: die Dokumente zur universitären Ausbildung und Berufstätigkeit wurden zusammen mit dem Bescheid aus Stufe 1 bei der Generaldirektion für das höhere Bildungswesen der Kapverden, einem Land, das bedauerlicherweise nicht über Ausbildungsmöglichkeiten für Zahnärzte verfügt, eingereicht mit der Bitte, die oben genannte Nationale Gleichstellungskommission nochmals anzurufen betreffs einer Entscheidung darüber, ob Monikas zahnärztliche Berufsausbildung und Praxiserfahrung sie befähigt, auf den Kapverden beruflich tätig zu werden. Auch hier fand die Kommission zu einem wohlwollenden und positiven Urteil.
Stufe 3: die Dokumente zur universitären Ausbildung und Berufstätigkeit wurden zusammen mit dem Bescheid aus Stufe 2 bei der kapverdischen Generaldirektion für das Gesundheitswesen eingereicht verbunden mit der Bitte, Monika in das nationale Verzeichnis der zugelassenen Zahnärzte aufzunehmen und einen entsprechenden Ausweis auszustellen. Dieser Bitte wurde an diesem sonnigen 18. Januar 2011 entsprochen und ein entsprechender Ausweis wurde ausgehändigt.
P.s. Zur Unterstützung der kapverdischen Behörden war noch eine Namensänderung erforderlich, die jedoch in einem ganz schlichten und nicht weiter erwähnenswerten Verwaltungsvorgang vorgenommen wurde: Monikas Nachname lautet ab sofort „KienaB“. Das „ß“ ist im Portugiesischen unbekannt und wurde durch das große „B“ ersetzt, da dieses die grösste Ähnlichkeit mit dem „ß“ aufweist.