Korbball im Congresso

Mit schwerem Gerät und viel manpower wurde in den letzten Wochen ein bislang ungenutzter Platz im Stadtteil  III Congresso ausgebaut, in den dann eine von „Fogos Kindern“ finanzierte Streetballanlage integriert wurde. Ziemlich genau 2 Jahre nach den ersten Gesprächen mit dem Bürgermeister über dieses Projekt hat die Stadtverwaltung ihr Versprechen nun wahr gemacht.

Neben der Streetballanlage gibt es eine Reihe von Sitzbänken und einen Bereich für andere sportliche Aktivitäten oder Musikveranstaltungen. Mit der Begrünung soll nach der Regenzeit begonnen werden.

In seiner Einweihungsrede ermunterte der Bürgermeister die Jugendlichen dieses als problematisch geltenden Stadtteils, von der Anlage regen Gebrauch zu machen und versprach, die notwendigen Bälle zur Verfügung zu stellen. Außerdem kündigte er an, auch in anderen Stadtvierteln ähnliche Anlagen zu installieren.

Der Verein „Fogos Kinder“ hat zusammen mit dem lokalen Basketballverein dieses Projekt entwickelt, um für ausgegrenzte Jugendliche dieses Stadtteils einen Kontaktpunkt zu schaffen.  Trainer des Basketballvereins wollen regelmäßig mit ihnen spielen, Tricks und know-how vermitteln und so zu einer Reintegration der Jugendlichen beitragen.

Wenn sich dieses Projekt als erfolgversprechend erweist, wird sich unser Verein auch an der Installation weiterer Anlagen beteiligen.

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Fogos Kinder machen Theater

Im Kinderhort „Nha Nerina“ werden Kinder aus schwierigen Familien-verhältnissen betreut und dort arbeitet auch der Lehrer Inhuco. Er hilft bei den Hausaufgaben, gibt Nachhilfestunden und hat eine Leidenschaft: Theater spielen. So haben Inhuco und Samira in den letzten Monaten mehrere kleine Theaterstücke entwickelt, die mit den Kindern des Hortes und einer benachbarten Schule eingeübt wurden. Es geht um Themen wie Gewalt in der Familie, Mundhygiene, Umweltbewusstsein und die Rechte und Pflichten von Kindern.

Das Stück über häusliche Gewalt klappt schon gut und wurde bereits am Tag der Familie in Achada Furna gespielt. Gestern gab es eine Aufführung der besonderen Art: sie fand auf Einladung des Amtsgerichts im Innenhof des Gefängnisses von São Filipe statt. Es war gerade Besuchstag und viele Frauen und Angehörige der Gefangenen waren anwesend. Und das Thema war brisant, denn nicht wenige der Insassen wurden genau deswegen verurteilt: häusliche Gewalt im Zusammenhang mit übermäßigem Alkoholkonsum.
Es gab viele Lacher, aber dem einen oder anderen ist das Lachen auch im Halse stecken geblieben. Nach dem Theaterstück hielt Inhuco noch eine flammende Ansprache gegen Alkohol- und Drogenmissbrauch und redete den Zuschauern ins Gewissen, sich weniger über die schlechten Lebens-bedingungen zu beklagen, sondern mehr aktiv an der Gestaltung der eigenen Zukunft zu arbeiten.

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Kinderarzt Gorris bei der Arbeit

Endlich war es wieder soweit: nach dem Bestehen meiner Facharztausbildung sollte es wieder nach Fogo gehen. Mein letzter Einsatz für das Projekt „Gesundheitsberatung für Familien mit Kindern“ war im März 2013 gewesen. Damals war ich zum ersten Mal auch im ländlichen Bereich des Kreises Sao Filipe tätig geworden und hatte festgestellt, dass der Bedarf an Gesundheitsberatung umso größer war, je weiter der Ort von der Stadt Sao Filipe entfernt liegt.

Am 19. April 2015 traf ich also auf Fogo ein. Der Einsatz sollte am 22. April anfangen und mit dem Kindergarten in Achada Mentirosa beginnen. Die Organisatoren Mike Goike und Samira Alves vor Ort hatten gute Vorarbeit geleistet. Denn wie immer, auf den Kapverden läuft nichts wie geplant. Kurzfristig war die Zahl der beweglichen Ferientage vor dem Fest zum 1. Mai erhöht worden. In den Ferien sind alle Kindergärten geschlossen und die Mitarbeiter haben frei, aber gerade dann sollten die Untersuchungen stattfinden. Anerkennenswert ist es, dass in den meisten Kindergärten Frauen bereit waren für einen Tag trotzdem zukommen und bei der Durchführung zu helfen.

Die Einladungen waren von  Samira schon vorher an die bedürftigen Familien überbracht worden. Ohne den Einsatz der Kindergärtnerinnen, die alle und jeden im Dorf kennen, läuft nichts. Mein Einsatz war beim Gesundheitsamt und dem Leiter des Krankenhauses in Sao Filipe angekündigt und ausdrücklich als erwünscht begrüßt worden. So stand meiner Tätigkeit nichts mehr im Wege. Insgesamt war ich an 9 Orten im Einsatz und habe mehr als 120 Kinder untersucht, ausgerüstet mit Stethoskop, Otoskop, meinen Sinnen und Fähigkeiten.

Die Kinder wurden meist von der Mutter oder sonstigen Anverwandten wie Tante, Schwester, Cousine oder Oma aber auch der Nachbarin begleitet.  In einem Kindergarten hatte eine übermotivierte Kindergärtnerin nur gesunde Kinder eingeladen, um einen guten Eindruck zu machen. Sowohl Kinder als auch Begleitpersonen waren sehr gut angezogen und herausgeputzt. Ich frug mich, was ich da eigentlich soll….. Es gab kaum Behandlungsbedarf, bis auf den einen oder anderen Hautpilz.

Ansonsten sah ich viele Fälle von psychomotorisch auffälligen Kindern verschiedenster Ausprägung und Ursache. Angaben zu Schwangerschafts- und Geburtsverlauf und über die weitere motorische Entwicklung nach der Geburt sind grösstenteils sehr schwierig zu eruieren, da bei meiner Sprechstunde die Mutter oft nicht zugegen war und die Begleitperson dazu keine Angaben machen konnte. Andere Kinder wiederum zeigten das Bild einer Gedeihstörung, auffällig dadurch, dass die Parameter Gewicht und Größe nicht zum Alter passten. Manchen Fall habe ich ins Krankenhaus zur weiteren Behandlung und Diagnostik überwiesen, wobei die Möglichkeiten dort auch eingeschränkt sind.

Die häufigsten Krankheitsbilder waren folgende:

Hautpilz

ich habe die Begleitpersonen aufgeklärt über den Infektionsweg, allgemeine Hygiene und Vorbeugung. Behandlung ist kaum möglich, da sich die Kinder immer wieder gegenseitig anstecken.

Bauchschmerzen 

bei allen Kindern fandt sich ein ausgeprägter vorgewölbter Blähbauch. Zurückzuführen ist das auf die einseitige Ernährung mit Reis und Bohnen. Da kommen dann Hausmittel zur Anwendung, die mein medizinisches Weltbild ins Wanken brachten. Z.B. wird gelöste Vulkanasche und Knoblauchwasser verabreicht.

Kopfschmerzen

vermutlich wird zu wenig Wasser getrunken. Auf Fogo trinken auch die Kinder schon Kaffee. 2 Fälle waren auf Grund der Krankengeschichte typisch für eine Migräne.

Asthma

Am 3. Tag meiner Arbeit wurde ein Junge mit einem lebensbedrohlichen Asthmaanfall zu mir gebracht. Da ich kein zugelassener Arzt auf Fogo bin darf ich keine Medikamente verabreichen und hatte auch keine dabei. Das Kind wurde von mir mit dem Taxi ins Krankenhaus gebracht und eine sofortige Behandlung wurde eingeleitet. Dieses Erlebnis veranlasste mich, sofort einige Medikamente zu kaufen, um eine Notfallbehandlung durchführen zu können. Auch das Gesundheitsamt sah diese Notwendigkeit sofort ein.

Jetzt zum Abschluss des Einsatzes schaue ich mit Zufriedenheit zurück auf meine Arbeit. Natürlich stelle ich Vergleiche zu Deutschland an. Wie viel mehr Möglichkeiten gibt es für die Gesundheit der Kinder bei uns. Es ist so traurig zu sehen, welche körperlichen Schäden entstehen, nur weil keine regelmäßigen Früherkennungsuntersuchungen durchgeführt werden. So manches Kind hätte sich besser entwickeln können. Hier ist vieles anders. Manche Fälle sind für die Ärzte hier normal, die ich in meiner bisherigen Laufbahn in Deutschland selten oder nie gesehen habe.

Die Arbeit hat mir sehr viel Spass gemacht. Samira hat mir sehr gut geholfen und hat alles prima organisiert!  Aber nicht nur das Fachliche hat mir Spaß gemacht, sondern auch portugiesisch zu sprechen. Das ist mittlerweile zu meiner großen Leidenschaft geworden.

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2 : 1

2 : 1 – das war der Endstand des Freundschaftsspiels U16 der Fußballschule „Botafogo“ gegen „Sem Fronteiras“ anläßlich der Abschlußveranstaltung unserer Schulung für Kinderfußballtrainer, an der auch die beiden Trainer Yvo und Pepe teil-genommen haben.

 

Insgesamt waren es 22 Teilnehmer, die Karl in 4 Wochen an vielen heißen Nachmittagen eine Übung nach der anderen ausprobieren ließ. Darunter Trainer von Jugendfußball-mannschaften, von Herrenmannschaften und Sportlehrer aus Hauptschulen und dem Gymnasium. Außerdem wurden die Grundprinzipien einer modernen kreativen Trainingsgestaltung vermittelt, bei der möglichst alle Kinder und Jugendlichen gleichzeitig in Bewegung sind.

Und seit gestern zieht auch das Argument „Wir haben nicht genug Bälle, uns fehlt Material!“ nicht mehr. Wir haben nämlich die aus Deutschland mitgebrachten 30 Bälle, 50 Trikots und 80 Hütchen nicht etwa, wie von vielen erwartet, verteilt, sondern eine Ausleihe in einem Abstellraum des Fußballstadions eingerichtet. Dort können sich Fußballtrainer und -lehrer ab sofort beim Platzwart alles ausleihen, was sie für ihr Training benötigen.

Außerdem hat der Präsident des lokalen Fußballverbandes, Pedro Pires, eine Liste mit weiterem Material – hauptsächlich Trikots, weitere Bälle und 55 Paar Fußballschuhe – bekommen, das sich noch in meinem Haus befindet und das von ihm bei entsprechendem Bedarf an Kinder, Jugendliche und Jugendmannschaften weitergegeben werden kann. 

Auf der Abschluß-veranstaltung im Estádio 5 de Julho fanden sich neben den beiden Mannschaften mit kapverdischer Lässigkeit ein: der Präsident der Stadtverwaltung Lui­s Pires, die Stadträtin für Sport Ludomilla, der Verbandspräsident Pedro Pires, die Schulungs-teilnehmer und viele Zuschauer.

Die beiden Präsidenten hielten kurze Reden, Karl und unser Verein wurden von ihnen und den Teilnehmern mit Dank- und Lobeshymnen überschüttet und ich sage mal ganz unbescheiden: „zu Recht!“

Ein Fußballtrainer, der die Sprache der Teilnehmer (Krioulo) nicht spricht und ein Übersetzer, der sie auch nur in Ansätzen beherrscht und von Fußball keine Ahnung hat – es war schon ganz schön aufregend.

Aber Fußball erklärt sich oft einfach aus der Aktion heraus und so kam alles rüber, was Karl vermitteln wollte und die Teilnehmer saugten es auf wie ein trockener Schwamm. Das sahen wir, wenn wir am Samstag und Sonntag die Trainings mit den Kindern und Jugendlichen besuchten. Viele Schulungsinhalte wurden sofort in das Trainingsprogramm integriert.

Die Abschlußveranstaltung endete dann mit der Vergabe der Teilnahmeurkunden und dem Gruppenfoto.

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Transatlantische Zahnpflege

An einem sonnigen 18. Januar im Jahre 2011 wurde der Medizinerausweis, der Monika Kienaß zur Ausübung der Zahnheilkunde auf den Kapverden berechtigt, im Gesundheitsministerium in der Hauptstadt Praia gegen eine Gebühr von 1500 kapverdischen Escudos an mich ausgehändigt. Auf das dieser ebenso komplexe wie bemerkenswerte und überaus erfolgreiche bürokratische Vorgang, der diesem Ereignis vorausging und im August 2009 seinen Anfang nahm, nicht verlorengehe, sei er hier noch einmal in groben Zügen notiert.

Voraussetzung für die Erteilung einer Genehmigung zur Ausübung der Zahnheilkunde durch Ausländer auf den Kapverden ist eine Dokumentation der schulischen und universitären Ausbildung, sowie des bisherigen beruflichen Werdegangs des Antragstellers. Dazu sind jedoch nicht, wie man zunächst vermuten könnte, die entsprechenden Schulzeugnisse und Abschlussbescheinigungen, wie etwa die Approbation, ausreichend, da diese Dokumente noch keinen hinlänglichen Aufschluss darüber geben, welches Wissen und welche Fähigkeiten der Bewerber im einzelnen erworben hat. Vielmehr muss im Detail nachgewiesen werden, wieviele Unterrichts-, Seminar- und Übungsstunden der Antragsteller in jedem einzelnen der unterrichteten Fächer besucht hat. Und zwar lückenlos von der 1. Klasse Grundschule bis zum Studienabschluss. Also auch beispielsweise die 34 Stunden Heimatkunde aus der 3. Grundschulklasse.

An dieser Stelle sei allen Schulleitern und Hochschullehrern noch einmal herzlich gedankt, die entsprechende Bescheinigungen ausgestellt haben, auch wenn die darin enthaltenen Zahlen meist nur Näherungswerte darstellen konnten, da entsprechend detailierte Dokumentationen im deutschen Bildungswesen nicht vorgenommen, bzw. nicht über Jahrzehnte aufbewahrt werden.

Nachdem diese Fleissarbeit erledigt war, wurde die 4-stufige deutsch-kapverdische Verwaltungsrakete, deren Flug auch höchsten internationalen Anforderungen genügt, gestartet:

Stufe 1: alle Dokumente wurden von einem beim Landgericht akreditierten und vereidigten Übersetzer ins Portugiesische übertragen und beglaubigt.

Stufe 2: diese nunmehr portugiesischsprachigen Dokumente wurden am Landgericht Schleswig überbeglaubigt.

Stufe 3: die Dokumente wurden zur Apostilierung beim Justizministerium in Kiel eingereicht.

Stufe 4: ausgestattet mit diesen Apostillen fuhr Monika nach Berlin, um alle Dokumente bei der kapverdischen Botschaft zur Legalisierung vorzulegen.

Nach Abschluss der Stufe 4 waren die nunmehr übersetzten, beglaubigten, überbeglaubigten, apostilierten und legalisierten Dokumente übersäht mit Stempeln, geheftet, genietet und mit bunten versiegelten Bändern versehen – kurzum in einem Zustand, der sie für die kapverdischen Behörden verwendbar erscheinen ließ.

Nun konnte die nicht minder imposante 3-stufige kapverdische Verwaltungsrakete ins Blaue abheben, ein Vorgang, der dadurch erleichtert wurde, dass ich mit dem Bruder des Staatspräsidenten einen Kaffee getrunken habe und fortan meine Bekanntschaft mit ihm auf den Behörden erwähnen durfte.

Stufe 1: die Dokumente betreffend die Schulausbildung wurden bei der kapverdischen Generaldirektion für das Schulwesen eingereicht mit der Bitte, die Nationale Gleichstellungskommission darüber entscheiden zu lassen, ob Monikas Schulausbildung den kapverdischen Ansprüchen genügt. Dies wurde positiv beschieden.

Stufe 2: die Dokumente zur universitären Ausbildung und Berufstätigkeit wurden zusammen mit dem Bescheid aus Stufe 1 bei der Generaldirektion für das höhere Bildungswesen der Kapverden, einem Land, das bedauerlicherweise nicht über Ausbildungsmöglichkeiten für Zahnärzte verfügt,  eingereicht mit der Bitte, die oben genannte Nationale Gleichstellungskommission nochmals anzurufen betreffs einer Entscheidung darüber, ob Monikas zahnärztliche Berufsausbildung und Praxiserfahrung sie befähigt, auf den Kapverden beruflich tätig zu werden. Auch hier fand die Kommission zu einem wohlwollenden und positiven Urteil.

Stufe 3: die Dokumente zur universitären Ausbildung und Berufstätigkeit wurden zusammen mit dem Bescheid aus Stufe 2 bei der kapverdischen Generaldirektion für das Gesundheitswesen eingereicht verbunden mit der Bitte, Monika in das nationale Verzeichnis der zugelassenen Zahnärzte aufzunehmen und einen entsprechenden Ausweis auszustellen. Dieser Bitte wurde an diesem sonnigen 18. Januar 2011 entsprochen und ein entsprechender Ausweis wurde ausgehändigt.

P.s. Zur Unterstützung der kapverdischen Behörden war noch eine Namensänderung erforderlich, die jedoch in einem ganz schlichten und nicht weiter erwähnenswerten Verwaltungsvorgang vorgenommen wurde: Monikas Nachname lautet ab sofort „KienaB“. Das „ß“ ist im Portugiesischen unbekannt und wurde durch das große „B“ ersetzt, da dieses die grösste Ähnlichkeit mit dem „ß“ aufweist.

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